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Streicheleinheiten
04.10.2023 22:17

Das heutige Thema hat mein Freund und Helfer ausgewählt. Über was soll ich denn morgen schreiben? Und das war ihm dazu eingefallen. Wahrscheinlich möchte er bestimmte Dinge von mir erfahren, die nur für seine eigenen Ohren bzw. Augen gedacht sind, aber ich wäre ja doch nicht ich, wenn ich ein solches Ansinnen nicht gründlich sabotieren würde. Das wird hier keine Sexy-Hexy-Show. Oh nein!

Ich könnte ja z.B. einen Aufsatz wie in Zeiten des Gymnasiums draus machen. Mit Einleitung, Hauptteil und Schluss. In gelehrten Worten nach großer Stichwortsammlung einige Statistiken rauskramen und dem geneigten Leser intelligente Schlussfolgerungen um die Ohren hauen, dass er mit selbigen schlackert. Oder ganz anarchistisch mit dem Ende, der großen Schlussfolgerung, beginnen, so in etwa Summa summarum zeigt sich nun also, dass jedwedes Lebewesen, dem man eine Seele zudenken könnte, auch einen großen Bedarf an Zuneigung in Form von Gestreicheltwerden in jedweder Hinsicht hat, was beim Menschen von Nahrungsaufnahme kulinarischer Genüsse über Körperberührung bis zur Belobigung, Würdigung und Ehrung durch Menschen im Umfeld geht, wobei ein Ranking der einzelnen Präferenzen stets personenabhängig ist.

Dergleichen clevere Sentenzen ließen sich sehr wohl formulieren, aber so intensiv möchte ich das hier gar nicht betreiben. Ohnehin wird mir niemand den erheischten Seelenbalsam unmittelbar in Form von 15 Punkten bzw. Note 1 mit Stern und dem Vermerk: „Großartig, weiter so!“ in roter Tinte auf meinen Bildschirm kritzeln. Somit muss ich mich selber schulterklopfen und bin damit bereits schon fast bei einer Variante von Solosex. (Nicht einschlafen, es bleibt spannend!)

Um mich dem Stichwortthema zu stellen, könnte ich ja mal nach diesem großen Vorwort ganz klein anfangen. Zunächst mal analysieren, aus welchen Begriffen das Wort Streicheleinheiten aufgebaut ist. Schließlich handelt es sich ja um ein zusammengesetztes Substantiv. Wenn man mich fragt, besteht es aus einem weichen, warmen, hellgelben Vorderwort und einem kratzigen, sperrigen, grau/schwarz-rautierten Hinterwort, und beide passen so gar nicht zusammen. Streicheln ist etwas, das guttut, Liebe und Menschlichkeit gibt (wiewohl es ja jetzt auch Streichelroboter geben soll, die den Zweck rein mechanisch erfüllen), eine Aktion, die eine Emotion überträgt und ein Gefühl erweckt. Ein gutes, für den der liegen bleibt und die Handlangung an sich billigend oder sich lasziv räkelnd in Kauf nimmt, vielleicht auch erkauft hat. Einheiten hingegen erscheinen mir als die mathematische Kunstform einer verabreichten Objektgröße, eine gepresste oder portionierte Darreichungsform. Etwas Katalogisierendes, Schubladisierendes. Künstlich, da unnatürlich.

Das Streicheln wiederum sollte man mal zunächst abgrenzen gegen ein anderes ähnliches Aktionsverb, das sich zunächst mal rein äußerlich durch Verschlankung abhebt. Ich spreche vom Wort streichen in den Bedeutungen berühren oder auch anmalen oder aber sogar entfernen, löschen, vielleicht gibt es auch noch mehr… Ich schaue jetzt nicht nach und bleibe einfach im Fluss. Außerdem gibt es da Verbindungen mit Vorsilben z.B. verstreichen, durchstreichen, abstreichen, vorstreichen, nachstreichen, herumstreichen etc. Somit hat der einzige wasserblaue Buchstabe „l“, bzw. dessen Fehlen den Sinn bereits vollkommen verändert.

Auch das Weglassen der Verb-Endung hat verheerende Folgen: aus dem Streichen wird nun der Streich wie z.B. im Märchen „Sieben auf einen Streich“ (der Streich hier also ein Schlag, ausgeführt als Herr der Fliegen). Auch das Streichorchester tritt hier auf (wobei kein Schlagwerk zum Einsatz kommt), der Böse-Jungen-Streich grinst hier hämisch um die Ecke (sowas können Mädels aber auch) (auch hier ist wiederum eine Verbindung mit Schlägen durchaus nicht unüblich), und am Schluss steht der Zapfenstreich (schlagartige Verkündung des Endes).

Noch schlimmer wird es, wenn man noch das gutmütige, stabile e weglässt und nur noch einen Strich in der Landschaft übriglässt oder aber z.B. auf den Strich geht und andere dabei nach Strich und Faden verwöhnt. Aber das führt jetzt vielleicht bereits ein bisschen zu weit. Auf diese Art kämen wir noch beim Stich an und beim Nähen, spielen wir auch noch Karten und pieksen das Herz As in sein rotes Organ, dass es nur so tropft.

Dabei wollten wir ja aber doch eher vom Berühren des größten Organs des Menschen sprechen. Oder des Tieres. Denn diese sind ja besonders berührungssensitiv. Beim ausgewachsenen Menschen ist die Haut übrigens im Normalfall 1,8 Quadratmeter groß und wiegt dreieinhalb bis zehn Kilogramm, mit Fettgewebe bis zu 20. Ich spreche hier von einem durchschnittlichen Menschen. Interessant wäre zu wissen, wie das bei einer Seekuh ist, der ich mich z.B. verwandt fühle. Und was macht so ein 33 m langer Blauwal, wenn es ihn nach Zärtlichkeit verlangt und er am ganzen Körper berührt werden möchte? Ich glaube, das wäre ein trauriges Thema.

Jetzt haben wir uns mit dem Wort Streicheln verlustiert, aber die Schublade der Einheitsgröße muss doch auch erst nochmals aufgemacht werden, denn wenn schon diese Vorgabe gemacht ist, so muss ich mir ja dann doch überlegen, welcher Art so eine Streichel-Einheit aussehen könnte. Handelt es sich um eine durch Ermüdungserscheinungen geprägte Terminierung (sprich Endsetzung) oder schlicht um eine aus praktischen Gründen festgelegte Zeitspanne? Eine Minute oder fünf? Beim Masseur ist die Währungseinheit hier verlängert. Und abhängig von der eigenen Finanzlage oder auch der der Krankenkasse. Standardisierte Zeit der Abgabe von Leistung.

Ist eine Streicheleinheiteneinheit im wahren Leben abseits der unpersönlichen Belieferung jedoch nicht vielmehr daran zu bemessen, welchen Effekt die Verabreichung der Wohltat hat? Bis der zugrundeliegende „Missstand“ aufgelöst ist? Kummer, Heulkrampf, sexueller Mangel oder beim Tier: Körperpflegebedarf mittels menschlicher Hände (unter Einsatz von Hilfsmitteln dann auch Striegeln genannt), bei dem das Problem des kontinuierlichen Haarausfalls für das Tier auf positive Weise gelöst wird, der Mensch dann aber das Problem hat, dass er mit einer Handvoll Gewölle dasitzt und nicht weiß, wo er dieses hinlegen soll, besonders, wenn er wo auf Besuch ist und von Katze oder Hund in mehrfacher Hinsicht „be-sessen“ wird.

Auf jeden Fall ist die Portionierung geduld-, freundlichkeits- und zeitabhängig, und in vielen Fällen hat sie auch mit den Finanzen zu tun. In Chats habe ich gerne ein Bild eingefügt, das „eine Dose Mitleid“ zeigte. Die Streicheleinheit wird jedenfalls im Normalfall, genau wie Mitleid, ebenso wenig in Dosen gemessen, aber die Dosis macht das Gift. Kriegt man viele Dosen verabreicht, wird man süchtig. Jawoll, ganz eindeutig. Nichts ist auf Dauer so wirksam wie dieses schleichende Gift. In der Heilung, wie auch beim Ins-Verderben-Schicken.

Welche Arten von Streicheln gibt es denn eigentlich? Bereits im Vorstehenden waren wir in elysische Gefilde und in den Vorhof der Hölle abgestiegen. Davon ausgehend, dass der Körper gestreichelt werden kann, aber auch das Ego und die Seele, gibt es etliche Varianten. Ich habe soeben beschlossen, mich im Rest des Textes mal auf den Menschen zu kaprizieren, denn ehrlich gesagt, kenne ich mich mit dem, trotz der Seekuh-Ausmaße und der Katzen-, Meerschweinchen- und Gerbilbesitzervergangenheit am allerbesten aus. Jedenfalls mit dem weiblichen Part.

Zunächst gibt es da die körperlichen Genüsse. Diese können durch leichtes, eher unbeabsichtigtes Berühren zu höchster Wonne führen, ein starkes Elektrisieren, das in freier Wildbahn zum spontanen Verlieben führen kann, oder auch zu extremem Widerwillen. Bei mir äußert sich sowas sogar durch Herpes und in schlimmen Fällen durch rezidivierende Gürtelrose.

Absichtliches Berühren hingegen beinhaltet z.B. die Massagepraktiken von Freunden, Lebensgefährten, Physiotherapeuten und mehr oder weniger gut ausgebildeten Bodybuildern in der Türkei, bei denen man sich nicht sicher ist, ob sie das aus Dienst am Nächsten oder vielmehr Eigeninteresse betreiben. Und betreiben ist bei einigen auch der richtige Ausdruck.

Dann gibt es natürlich auch noch zartfühlende Seelen, die Lomilomi-Griffe praktizieren, die so federleicht sind, dass man sich fragt, wann fängt er denn jetzt endlich mal an. Eigentlich kann man hierzu ja auch Reikianwendungen zählen, die oberhalb der Haut, außerhalb des rein körperlichen Einzugsgebiets stattfinden. Es ist jedoch durchaus möglich, diese beabstandet stattfindenden gleitenden Bewegungen als Energiewelle zu fühlen und zu entdecken, dass es tatsächlich Meridiane im Körper gibt und Blockaden, die sich lösen lassen, so dass in Extremfällen ungeahnte Wogen von Wärme und Emotion durch den Körper branden. Manches Mal ist jedoch der Herzenskontakt des Dienstbeflissenen nicht ausreichend und man fühlt gar nichts. Das ist sehr schade, denn meist hat man ja doch sein Portemonnaie für derartige Leistungen geöffnet.

Natürlich kann absichtliches Berühren auch sehr viel tiefer gehen. Sich selbst zu erkunden oder sich erkunden zu lassen, mit kundigen Fingern, sich liebevoll von jemandem, der goldene Finger hat, ein Händchen für das Wohltun, betatschen zu lassen im Gegensatz zum sich begrapschen lassen. In Streichelzweiheit Verspannungen zu lösen oder aber auch sie aufzubauen. Sich mit einem Hexenschuss mühsam aus dem Bett zu hieven kann ja z.B. leider auch die unerwünschte Folge sein. Sich zu verzittern und verbeben und gar nicht mehr aufstehen zu mögen, weil es so schön ist, wäre wohl die zu bevorzugende Version.

Hier gibt es natürlich Menschen, die eher auf Hardcoreversionen stehen, wo die Berührung mittels dafür gedachter oder auch nicht dafür gedachter Gegenstände beruht, die ggf. im Nachgang für weniger lust-ige Souvenirs sorgen. Mancher begibt sich ja gern freiwillig in folterkammerartige Situationen, braucht besondere Stimulation durch extreme Reize auf der Haut. Vielleicht auch irgendwie eine Abart des Ritzens unglücklicher Jugendlicher, was ja auch als ein pervertiertes, ausgeartetes Verlangen nach gestreichelt sein gesehen werden könnte. Dann nämlich, wenn das Streicheln nicht mehr zu fühlen wäre. Wenn die innere Hornhaut zu dick ist dafür. Wenn man sich gepanzert hat, so dass ein normales Empfinden nicht mehr stattfindet. Jeder Schnitt eine Streicheleinheit. Ein Ventil für die Katharsis. In der Folterkammer: jeder Striemen ein solches Ventil. Ob lustvoll oder schmerzvoll – in manchen Situationen liegt dies wohl sehr nah beieinander. Bevor ich mich schlagen lasse, wende ich mich aber lieber freiwillig von diesem Themenbereich ab.

Ist der Körper zufrieden, freut sich die Seele. Man kann aber die Seele auch aktiv ins Lot bringen. Streicheleinheiten für sie wären z.B. Waldbaden im Gegensatz zum körperlichen Lustgewinn, der sich auch erreichen lässt durch Meerbaden oder in einem besonnten Swimmingpool sich vom Wasser umschmeicheln zu lassen wie von warmem Öl (manche liegen ja in der Badewanne, bis sie ganz runzlig sind), sich durch lukullische Nahrungsaufnahme schlemmend von innen zu hätscheln, sich einen schönen farbenfrohen Cocktail zu gönnen, der einen in irrationale Geistesgefilde abdriften lässt, etc.

Bereits in den Bereich der seelischen Freuden gehört bei letzterem auch, sich in gemütlichem oder exklusivem Ambiente verwöhnen zu lassen, etwas, viel und nichts aus dem Geldbeutel dafür springen lassend – je nach Willigkeit des Dienstleisters, wenn man es nicht selbst ist. Andere streicheln sich durch Sport. Wie das tatsächlich funktioniert, dass man sich damit Gutes tut, ist mir zwar schleierhaft, aber der eine oder andere Leser weiß damit vielleicht mehr anzufangen als ich. Das sind ja auch nur einige wenige Beispiele.

Die Seele freut sich auch sehr über das Lesen bildgewaltiger Romane, bei denen man selbst auf die Reise des Protagonisten mitgezogen wird, willenlos eintaucht in dessen Welt und völlig unwillig nach dem letzten Satz wiederauftauchen muss und sich wünscht, es würde doch noch weitergehen. Aber dann sitzt man wieder in seiner eigenen Welt, und alles war nur schöner Schein, hat alles nur im Kopf stattgefunden, eine Art von Vision oder Halluzination. So wie man in dieser eigenen Welt vielleicht auch nur den Schein lebt, und in eigener Verantwortung sich schönen oder hässlichen Schein kreiert.

Besonders erquickend finde ich auch das Seelenstreicheln durch angeregte Unterhaltung mit Menschen, die auf gleicher Wellenlänge schwingen. Wo man sich aneinander geistig in luftige Höhen hangelt und immer noch weiter befeuert, noch höher aufzusteigen. Wie eine Feder wird man durch die Luft gewirbelt, ohne den Absturz zu befürchten. Sich vom Wind der Synergien bewegen und lustvoll berühren lassen.

Es gibt unzählige weitere Wohltaten für die Seele, die von Person zu Person außerordentlich unterschiedlich sein können – z.B. exzessives Reisen, Geld-aus-dem-Fenster-Werfen, weniger Begüterte oder vom Leben begünstigte Menschen (z.B. Behinderte, Demenzkranke, Flüchtende und andere mehr) unterstützen und beglücken, Ehrenamt, alle Arten von Situationen, in denen Flow stattfindet – vom abgetauchten Tüfteln an komplizierten Problemen am Bildschirm im stillen Kämmerlein bis hin zum Rampensauauftritt auf Bühnen der Welt.

Ich könnte niemals der Vielfalt der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gerecht werden, auch nicht, wenn ich diese alphabetisch ordnen würde und mir die nächsten bzw. letzten 40 Jahre meines Lebens Zeit dafür nähme. Somit überlasse ich diesen Bereich Eurer Fantasie, die ich ja bereits ein bisschen angetriggert habe und empfehle Euch, die für Euch förderlichsten, aber rasch umsetzbaren zehn oder fünfzehn Szenarien zu notieren und gut in Sichtweite aufzuhängen und künftig, wenn ihr gerade nicht wisst, was Ihr tun sollt und euch ein wenig traurig und trübsinnig fühlt, mal durchzulesen und sofort eine der möglichen Situationen herbeizuführen. Bei mir z.B.: ein Glas Rotwein trinken, auf Hey Bulldog von den Beatles ausufernd mit vollem Körpereinsatz tanzen, trotz des Regens einmal um den Block laufen und hinterher unter einer Decke aufs Sofa gekuschelt einen heißen Glückstee trinken und eine DVD anschauen (sowas wie Straße der Ölsardinen), das Lieblingslied am Klavier spielen, mich ins Bett legen und schlafen. Oder richtig heißen Sex aus der Tasse: der Zaubertrank Kaffee. Sehr allgemeinverträglich und keinesfalls unterschätzt.

Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dem Ego Streicheleinheiten zu verabreichen. Bei vielen Leuten läuft das so: sie treffen die Nachbarin im Treppenhaus und erfahren die neuesten Unerhörtheiten, hecheln alle Unarten der anderen Mieter durch und gehen mit der hohen Befriedigung, im Einverständnis mit eben dieser Nachbarin die einzigen anständigen Leute im Haus zu sein, wieder zur eigenen Tür hinein, stillvergnügt und bestätigt. Obwohl… die Nachbarin ist echt eine fürchterliche Ratschkattel, muss immer andere Leute ausrichten. Eigentlich möchte man mit so jemandem ja auch nicht so viel zu tun haben. Man ist also eigentlich nur selbst das gleißende Licht der Gerechtigkeit, die Krone der Schöpfung. Das solcherweise aufgebaute, wiedererstarkte Ego freut sich und liegt fett und behäbig in seinem motorisierten erbsgrünen Polstersessel und schlägt gönnerhaft ein Bein über das andere, neben sich die Riesentüte Popcorn. Oder Erdnussflips.

Um ein bisschen mehr Ernst in die ganze Angelegenheit zu bringen, hier das Kontrastprogramm. Bei der Maslow'schen Bedürfnispyramide nämlich ist Wertschätzung, also Gesehenwerden durch andere, als die vierte Plattform vor dem finalen Stadium eingezeichnet, in dem das am höchsten und freiesten entwickelte Individuum noch Bedarf an Hilfe zur Vollständigwerdung hat: der Selbstverwirklichung.

Bleiben wir aber bei der vierten Stufe: diese Ebene der Bedürfniserfüllung basiert ebenso auf einer weiteren Erscheinungsform des Seelenstreichelns - der Mensch schreit einfach nach Anerkennung. Dies braucht der bereits in seinen Grund-, Sicherheits- und sozialen Bedürfnissen gesättigte Mensch, um sich als Individuum definieren zu können und sich vollwertig zu fühlen. Wenn keiner einem sagt, wie toll man ist, wenn man es nur selber ahnt, aber niemals bestätigt bekommt, verkümmert man wie eine Pflanze ohne Licht und Wasser. Selbst wenn man es nicht nur ahnt, sondern im tiefsten Inneren mit großer Sicherheit weiß: wenn einem dies ungespiegelt bleibt, droht sich dieses tiefe innere Wissen doch eines Tages nur als Hybris zu entpuppen, oder verkümmert zu einem dunklen inneren Schorf über dem weichen liebevollen Kern. Man kneift also lieber den Schwanz ein, anstatt sich stolz, präsent und selbstbewusst in mehr oder weniger raumfüllender Weise durch die sozialen Gewebe des Alltags zu bewegen. Fatal, denn so wird aus vielen großartigen Menschen letztendlich einfach: ein Nix. Eine weitere Karteileiche, gerade so eine Erwähnung unter „Ferner liefen“ wert.

Inhaltlich bedacht gewählte Worte des Respekts und der Anerkennung, ernstgemeintes Lob, ein liebevoller Blick, der zum Ausdruck bringt: ich finde dich gut (oder das, was du da gerade gemacht/gesagt hast) sind Lebenselixier und lassen die Sonne ins Herz scheinen. Und diese Sonnenstrahlen braucht man nicht nur einmal. Obwohl es wundervoll ist, von einem Satz lebenslang zu zehren, den jemand einem mal zufällig oder absichtlich gesagt hat, und der für diesen Menschen vielleicht nicht einmal so bedeutend war, der aber genau bei dir dein Herz hat weit aufgehen lassen. Die Wirkung vervielfacht sich, wenn diese Wertschätzung öfter ausgedrückt wird, am besten nicht nur von einer einzelnen Person, denn dann glaubt man dieser auf Dauer nicht mehr, wenn nur die eine einen so super findet, und ansonsten überall gähnende Leere auf dem Gebiet der moralischen Unterstützung und positiven Fremdwahrnehmung herrscht. Sag den tollen Menschen in deinem Leben doch einfach mal: Du bist eine Bereicherung! Vielleicht ist das genau das, wonach der andere gelechzt hat. Das was ihn zu Höhenflügen animieren wird. Why not?

Nun habe ich aber, wie ich finde, das Thema der Streicheleinheiten zwar nicht erschöpfend bearbeitet, jedoch zumindest mich für heute ausreichend damit beschäftigt. Und für morgen und übermorgen auch. Und nun wende ich mich nun auch in Eurem Interesse, das ansonsten erlahmen würde, meinen rasch verfügbaren und lustbringenden Ersatzobjekten zu. Gleich klappe ich den Laptop zu und das bedeutet: Es ist Zeit für Kaffee. Siehe oben. Und der eingangs benannte Freund und Helfer könnte ja vielleicht in Aktion treten bei der Zubereitung und Darreichung.

Auch den Schlusssatz dieses Traktats hatte ich ja ebenfalls schon vorweggenommen. Ihr erinnert Euch an das Summa summarum? Cleverer Schachzug, oder? So kann ich mich ganz befreit dem Alltag zuwenden. Draußen scheint die Sonne. Die soll mir den Seekuhbauch küssen. Dann bin ich gebauchpinselt und beglückt und dank Sonnenstreicheleinheit mit mir selbst eine Einheit. Ganz ohne Untiefen und Abgründe. Wie dieser Text. Besser geht’s nicht.

 

© Manuela Hoffmann-Maleki (Letteratour) – Ich. Einfach unver-besserlich.

Drei Mal Unendlichkeit
Vereinbar

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