23.11.2008
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Ein altes Gedicht - Da war ich ein begeistertes, wahnsinnig aktives Mitglied von Tauschticket und habe täglich Bücher und Briefe verschickt und bekommen. Das ist heute gar nicht mehr der Fall, tatsächlich komme ich auch nicht mal mehr zum Lesen. Das hier beschriebene Postamt am Ende der Straße hat inzwischen leider geschlossen - wie so vielerorts. Der Essigbaum ist leider nicht mehr da. Radeln ist schwierig mit meinem kaputten Rücken und ohnehin bin ich nicht mal mehr in München ansässig. Mein Arbeitszimmer ist aufgelöst - ich brauche nur noch einen Laptop. … aber immer noch ist das Gedicht irgendwie so nett. Klar hat mich der Song „Haus am See“ von Peter Fox inspiriert! ... Hachz... Nostalgier...! Mir wird ganz weh ums Herz, wenn ich mich in das Feeling dieser Zeit zurückversetze. Damals war es doch auf wundersame Weise wunderbar.
Statt am See
Hier bin ich hergezogen und radel’ durch die Straßen,
Kenn’ die Gesichter, jedes Haus und jeden Laden!
Ich muss mal weg, die Tür schließ’ ich getrost.
Fahrrad bestiegen, ich fahre schnell zur Post.
Die Sonne wärmt mich, alles fliegt vorbei.
Und die Glyzinie hinter mir wird langsam klein.
Doch der Briefkasten da vorn ist für mich gemacht!
Ich weiß, der Empfänger wartet, ich schick’ jetzt ab!
Ich hab’ den Tag auf meiner Seite, ich hab’ schon frankiert!
Hab’ nachgeprüft, das Porto stimmt, damit nix passiert!
Ich strampel’ stetig und fahr die Straße lang,
wart’ an der Kreuzung, heute macht mir keiner bang!
Und fast am Ende der Straße steht der Briefkasten, yeah!
Essigbaumblätter liegen auf dem Weg.
Ich hab’ zwei Kinder, meine Bücher sind schön.
Ich komm’ überall vorbei, brauch’ nicht weit zu gehen.
Ich suche Inspiration mit meinen kleinen Dramen,
den richt’gen Wörtern und jeder kennt meinen Namen!
Alle zum Schmunzeln bringt der neue Text in meinem Blog.
Alles eintippen, dazu brauch ich keinen Block!
Ich grabe Schätze aus dem Gedächtnis und Verstand.
Die Zeit rinnt dahin, wie in der Uhr der Sand.
Und irgendwann werd’ ich vielleicht bekannt.
Und überall hängt ein Poster von mir an der Wand.
Ich lad’ die alten Freunde und ihre Kinder ein.
Und alle fang’n vor Freude an zu weinen.
Wir kichern, die Kids toben und wir stoßen an.
Und feiern an einem Wochenend’, wo jeder kann.
Und der Mond scheint hell auf mein Arbeitszimmer.
Viele beschrieb’ne Blätter liegen da noch immer.
Ich hab’ zwei Kinder, meine Bücher sind schön.
Alle kommen vorbei, ich brauch’ nicht mehr rauszugehen.
Und am Ende der Straße liegt mein Arbeitszimmer.
Viele beschrieb’ne Blätter gibt’s da noch immer.
Ich hab’ zwei Kinder, meine Bücher sind schön.
Alle kommen vorbei, ich brauch’ nicht mehr rauszugehen.
Hier bin ich hergezogen, hier wurd’ ich entdeckt.
Hab’ jetzt viel Geld, bin immer noch ganz aufgeweckt.
Meine vier Enkel spielen mit der alten Wii.
Sie lachen aus vollem Herzen, und ich, ich liebe sie!
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09.12.2008
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Eine schöne Bescherung
Jedes Jahr, spät im Advent,
geht die große Hektik an.
Ach wie schön wär‘s, wenn ich fänd',
was man schnell noch schenken kann!
Für die Freunde jedenfalls
fehl'n noch viele Sachen.
Für die Familie ebenfalls
wollt' ich selbst was machen!
Doch ich wäre ja nicht ich,
Bliebe leer der Gabentisch.
Ein Rezeptheft ist gekauft:
Juchu! Hab alles, was man braucht!
Und so koch' ich ein Zitronen,
Zimt und Safran, Kardamom,
vielleicht könnte sich auch lohnen
'ne Spur Chili, etwas Mohn.
Ganz spontan füll ich mit Wein auf,
mmmm! Das riecht ja wirklich lecker!
Leg' ein Minzsträußlein noch drauf,
stell' zum Schluss den Küchenwecker.
Auf dem Herd wallt die Bescherung,
aber, wenn ich weiterdenk':
Viele Gläser (nach der Leerung)
brauche ich für das Geschenk!
Hatten doch diverse Gläser
übers Jahr sich eingefunden,
und ich hab nichts wegsortiert…
Allen soll es trefflich munden!
Ja, wo stecken die Behälter?
Schon wird mein Gekochtes kälter!
Doch ich find' nicht mein Versteck!
Warf ich die vielleicht doch weg?
Voll Elan öffne ich in Eile
Kartoffelgläser, brat mit Speck
in meiner kleinen Küchenzeile
Rosmarinkartoffeln weg.
Ab damit in den Gefrierschrank,
denn so viel isst niemand jetzt,
und den Sauerkrautreformtrank
trink' ich einfach, leicht gehetzt.
In dessen Glas, so bauchig-rund
passt 'ne Zitrone bis zum Grund.
Die Gläser sind rasch ausgespült
und mit Zitronen aufgefüllt.
Gurken, saure, in 'ne Schüssel,
Blaukraut auch. Ich brauch den Schlüssel
für den Speicher, denn da steht
noch mehr Vorrat, kühl umweht.
Ich verzehr' dann auf die Flotte
das Apfelgelee von Frau Lotte.
Edelragout mit viel Hirsch,
Mirabellen, Sauerkirsch…
Reneclauden, Obstsalat,
Ananas steht auch parat.
So, das gibt feines Dessert,
Kinder, kommt mal schnell hierher!
Gleich fang' ich an mit der Beschriftung!
Doch da verlangt aufs Mal nach Lüftung
mein Bauch, der plötzlich heftig grummelt,
weil irgendwas sich wild drin tummelt.
Ach, mir schwant, ich hatt' vergessen,
ich kann Sauerkraut nicht straflos essen!
Nun trank ich aber gleich drei Gläser -
ich hoffe bloß, das wird schnell besser!
Bevor jedoch ich mich versah,
war auch schon die Bescherung da.
Den Rest des Tags verbracht' ich dann
auf der Toilette, Mann oh Mann!
Am nächsten Tag, noch ganz geschafft,
hab' ich mich trotzdem aufgerafft,
die Küche sauber aufzuräumen.
Dabei wollt ich auch nicht versäumen,..
…ins Heft zu seh'n. Wurd' etwas blass,
als ich im Kochrezept drin las:
Auch Z u c k e r hätt' hineingehört!
Oh weh, hoff', dass es niemand stört!
Am Neujahr räum ich weg Geschenke,
in die Kommoden und die Schränke.
Was find ich da, blank, leer und schön:
im Kleiderschrank die Gläser steh'n!
Die Beschenkten derweil am Telefon
mit leicht gezwung'nem Unterton
loben die Gaben. Jeder spricht
"Sauer macht lustig". (Man merkt's bloß nicht).
Die Kinder maulen: "Sind jetzt weg
endlich die Kartoffeln mit dem Speck?"
Sie mochten auch nicht, sapperlot,
das Blaukraut und so viel Kompott!
Wir verbrauchten Vorrat wie kaum je zuvor.
Für jeden Tag standen drei Essen bevor
die letzten Tage vor dem Feste.
(Und bis Ferienende gab es Reste.)
Aus diesem Vorfall hab ich gelernt und
das Rezeptheft beinah' schon entfernt –
doch dann entdeckt' ich – und plane schon:
Weihnacht gibt's Quittenbrot im Pappkarton!
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18.01.2019
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Vorwarnung
An manchen Tagen bin ich knatschig,
an anderen wohl nur recht latschig.
Doch weh Dir, wenn ich aufgedreht,
dann kannst froh sein, wenn schnell verweht
der Energieschub, denn so behände
wie ich geht keiner hoch die Wände....!
Zum Glück kommt das recht selten vor,
dreimal im Jahr but not much more
Bin manchmal zickig und auch pampig,
chaotisch, leicht genervt und schlampig.
Da wählst Du Dir kein leichtes Los,
bin lieber ehrlich. Mein ja bloß...
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22.12.2019
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Cyborgleid
4 Wochen schmerzt diese Schraube mich schon,
Antibiotika futtern, was für eine Fron.
4 Spritzen, zack aufschneiden, rein das Jod,
Und draussen leuchtet das Abendrot.
Nach Ingolstadt eilen, es flitzt mein Gefährt
Es eitert der Kiefer, ist es das wert?
Nach Erlangen brausen, ein Freund wartet dort,
Und morgens ist die Jodeinlage überm Zahn leider fort.
Er kommt und bleibt nicht, mein Liebster, mein Glück,
Bringt mich einfach zum Zahnarzt, nach München zurück.
Mit dem Zug nach Ingolstadt zu Kuchen der Tante
Und Besuch bei nem Freund, der den Rippenbruch verkannte.
Ich tobe beim Fitness, hol ab einen Baum,
Und tags drauf tanze ich wild quer durch den Raum.
Heut morgen im Mund drin zu sehen die Schraube
Die mich nach dem Essen aller Illusionen beraube:
Ade, du Quälgeist, hoffnungsloses Implantat,
Ohne dich hätt ich Schmerz, Stress und viel Kohle gespart.
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11.08.2020
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(Folgende Texte vom 11.8.2020 gesammelt von Vorjahren)
In das himmlische Blau meines Pools
Mischt sich das Blut Deiner Venen
Die Kraft Deiner Arme
Die Mühen langer Stunden
In Deine Lungen mischt sich
Der Staub langer Jahre
Das Gift alter Farbe
In Himmelblau und Rostrot.
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11.08.2020
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Und so stirbt friedvoll und ergeben
der Sommer um uns herum
überlässt uns der Gnade des Herbstes
Obwohl er droht
mit rauerem Wind und kühler Lieblosigkeit
entsinnen wir uns doch
der wohligen Wärme unseres Heims
Aus den Untiefen unserer Schränke
graben wir hervor
die längst vergessene, farbenprächtige, wärmende Kleidung,
die unsere Gedanken beschwingt
in Vorfreude
auf den Geruch der Kartoffelfeuer und Kürbissuppen.
Wie jeder Lebensabschnitt hat
auch diese Jahreszeit
ihre eigene Süße
Sie lädt uns ein,
jeden einzelnen Moment zu genießen.
Das Dasein bedeutet da sein,
in diesem Augenblick,
in jedem Augenblick,
mit allen noch verfügbaren Sinnen,
und aus jeder Gegebenheit
das Beste zu machen.
Noch ist es nicht so spät.
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11.08.2020
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Will auch!
Ich liege noch im Bette
Und lese dein Gedicht
Mein Hirn reimt um die Wette
Ganz sinnfrei reimt es nicht
Doch dient's nicht der Erbauung
Auch nicht der Innenschauung
Sondern einzig und allein
Dem Auch-mit-dabei-Sein.
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11.08.2020
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Eintrag in einem Gästebuch
Verschlungen sind die Pfade meines Herzens
Verwildert träumt der Garten meines Lebens
Ein Dickicht voller unverhofften Dornen
Dazwischen manche scheue Frucht der Hoffnung
Nicht richtig groß, nicht wirklich saftig
Apart und formschön stets, durchaus facettenreich
Es tobt das Leben
In den Wipfeln meines Urwalds
Trabt hin und her, schlägt Haken, pfeift
Dattelsegmente überall sind Zeugen seines frechen Treibens
Der Körper träge unter schilfbewehrtem Dache,
mückenumsurrt
Nie gänzlich schmerzfrei, doch bereit
Das Nichtstun faul zu zelebrieren
Zumindest zwischendurch
Und der getriebne Geist taucht auf den Grund des Rotweinkelches
Zieht Rund um Rund
Gedankenfetzen aus der Vergangenheit
Trägt Weisheit in die Gegenwart
Um geübt ihren Gehalt
als ungenügend zu verwerfen
In Formulierungsnot, Nomenklatur befangen
Für alles sucht er einen Zweck und Grund
Feilt an den Scherben, bis sie glatt und elegant
Doch Hunderte von unbenannten Pflanzen
säumen die Wege meiner Tage
Lebensgierig und zäh
Trotz Gluthitze und Frass
Schwarze Grillen berserkern
gleich Kreissägen voller Wut
Die Wasserpumpe überschlägt sich
klappernd, zitternd, lärmend Stund um Stund
Trotz Unruh steh‘n die Schleierschwänze
ganz ruhig auf der Stelle
Erstaunt und dankbar ob der Seeros' einsam zarter Pracht
Ein Käuzchen wacht vor Herzens Türe
Wer kommt, wer passiert
Und kommentiert
Seit Anbeginn
Des grauen Gemäuers treppenreiche Pracht
Lädt ein, barfuß das Kieselmosaik zu erleiden
Reflexzonen zu stählen
Standhaft
Pokerface
Die Aufs und Abs vergangener Wehnisse
Die glatten, blanken Flächen war‘n neutrale Zeit
Klemmende Schubladen zum Einsortier‘n
Von Menschen, Anschauungen, Leid
Bleibt drin! Muss man sie stetig öffnen,
glattstreichen und verschieben -
Links nach rechts -
Platz schaffend für die neue Gram?
Wach auf, mein Seelenkind, und öffne Deine Augen!
Sieh hin, es ist Dein Leben nicht, es ist ein Haus:
Mit Räumen, Garten, Bäumen, Wasserbecken
Und wunderschöner Wildheit, ungezähmt...
Schnippel mal hier, mal dort an ein paar Ranken,
Verleih‘ den Touch von Zivilisation!
Verlass das Haus, erkunde hundert Buchten!
Durchschwimm den Ozean punktuell und zeig ihm, wer Du bist!
Lass Fleur de Sel die Haut leicht knirschend Dir ummanteln!
Ein Schutzumhang gegen Verletzung, Sorg und Schmerz.
Lass Sonnenschein den Himmel höher rücken
Und möwendurchjagtes Blau Dein Herz erheben und erfreu‘n!
Wach auf! Steh auf! Sei Du!
Verschwende nicht Dein Licht!
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11.08.2020
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Coronaauswüchse
Ja, manchmal, da halt ich nicht grade viel aus.
Bei dir vielleicht schau ich sogar recht alt aus.👴👵
Bin knittrig oder habe tiefe Falten,
Kommt einfach drauf an, was die Leut von mir halten! 🤷♀️
's gibt Tage, da gehe ich schon recht früh aus,
Und alle bringen mich stets gern nach Haus. 🤭
Dabei wolln sie aber unbemerkt bleiben,
Sind peinlich berührt und wollen es vermeiden,
Dass man uns beide zusammen sieht.🤫
Ach echt, das ist wirklich so ein Schiet!💩
Naja, bin sonst zu haben für jeden Scheiß,
Doch auch heut noch ist meine Weste (meist) weiß. 😇
Ich bin saubeliebt und furchtbar begehrt,
(😳Manchem ist auch meine Kehrseite was wert😕
Der zahlt dann weniger für meine Präsenz,
jedenfalls so in der Quintessenz.🤬)
Ach Mensch, sei nicht so knausrig,
Sonst wird es ehrlich grauslich!😬
Aber gib zu, ich fehl dir, wenn du mich nicht hast,
Da hockst du verzweifelt ohne mich - ne, passt! 😝
Ich freu mich darüber, ich werde gebraucht,
Doch leider fast immer schändlich missbraucht.🤐
Trotzdem: bin geliebter und teuerster Schatz...
Für mich hast du immer nen bevorzugten Platz!😉
Alle stehen auf mich
und greifen nach mir,
Doch s'ist bloß für'n Arsch.
Bin ja nur Klopapier!😥
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11.08.2020
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Den Freund aufrichten
Warte noch ein bisschen,
es kommt die Zeit,
da sind Erfolg und Belohnung nicht weit....
Noch geht‘s zwar durch manches steinige Tal,
doch ein Ende hat auch diese Durststrecke mal,
und wenn man dann über den Berg ist,
gibt’s nichts mehr im Leben, das herb ist.
Dann kost uns das Sonnenlicht süß und weich
und die Füße baumeln vergnügt im Teich, den Kopf stützt ein sicheres Kissen,
wir werden nichts mehr vermissen!
Das Glück steht uns erwartend bevor,
wenn sich der Schatten des Gestern verlor...
Irgendwann, lang dauert‘s nicht mehr,
fällt das Ichsein nicht mehr so schwer,
weitet sich die Allee unsres Lebens,
und unser Tun ist nicht mehr vergebens.
Am Ziel pocht das Herz dann vor Freude,
visualisieren wir das doch gleich heute!
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11.08.2020
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Eigenreflektion - wie mein Gehirn arbeitet:
Nachts und kurz nach dem Aufwachen:
kreativer bis genialer,
spitzfindig-skurril-humorvoller Scheiss
Mittags: penibler, überlogischer Prinzipienreiterscheiss.
Vormittags: leider eher nur Ameisenscheiss*),
desgleichen am Nachmittag
An Tagen mit besonders unerfreulichem Wetter: selbstmitleidiges Gejaule
Bei besonders herrlichem Wetter: hysterisches Gekicher.
*Eigendefinition von manuelitischem Ameisenscheiss:
halbwegs korrektes,
jedoch völlig undurchdachtes,
intuitives Funktionieren
beim Ausführen niedriger Hilfsarbeiten -
begleitet von überflüssigen Kommentaren.
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11.08.2020
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Es prasselt und tritschelt auf der Fensterbank
Die Scheibe ist klar, doch der Himmel nicht blank
Wie Milch steht er über mir, trostlos halt
Und drin zagt mein Herz. Ihm ist heute so kalt.
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11.08.2020
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Übersetzung zum Eigenverständnis –
A letter of complaint to the council – Robert Calvert
Ein Beschwerdebrief an den Gemeinderat - von Robert Calvert
Der Himmel kommt durch das Dach.
Die geschmolzene Sonne tropft
ihr goldenes Öl auf unser sauberes weißes Tuch
Flugzeuge, wie tote Fliegen,
treiben in unserer Suppe.
Wo wäre der Kellner, bei dem man sich beschweren könnte?
Mit Wolkenfetzen
und kleinen Himmelblauausschnitten
ist unser Esstisch übersät
In der Nacht, rieseln die Sterne herab
um meinen Kopf wie flockenartige Schuppen
Während ich versuche, die perfekte Zigarette zu drehen,
muss ich den taumelnden Planeten ausweichen
Wir haben einen Eimer
an strategischer Position aufgestellt,
um den Mond aufzufangen
Unser Teppich ist ruiniert
vom Dotter zerbrochener Galaxien
und zertretenen Zeppelinen
An diesem Morgen, beim Warten auf den Mann, der das Loch flicken soll,
entdecke ich eine Wüstenei in Sichelform
Sie hat sich einen Weg
durch einen Spalt im Boden gehebelt;
das Wohnzimmer ist nun Heimat
der Wüstenkörner
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11.08.2020
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Ich lebe mein Leben in ringenden Kreisen
Die sich umschlingen, verzweiflungsvoll kreissen
Neue gebären, fruchtbar, wild, unzählig
Mein Leben verheeren, nur selten gefällig
Die sich überschneiden, umwirbeln, verdrängen
Ziele umspielen, von Abhängen hängen,
Aufspringen federnd, Bahnen durchdringend
Den Zuschauer fesseln, der händeringend
Bangend verfolgt der Feuerreifen Pracht
Wenn sie glimmen im Dunkel meiner Nacht.
Als einziger Fixpunkt bild‘ ich deren Mitte
Dreh mich um mich selbst mit trippelndem Schritte.
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30.08.2020
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Ein Traum
Aufgewacht mit Filmmusik im Kopf und folgendem Text
Ich verlasse meine Frau
Ich verlasse meine Braut
Nur ich selbst
Nur ich selbst und die Weite
Nur ich selbst und der Wind
Nur ich selbst und der tiefste See der Welt
Wenn es mir gefällt
Durchquere ich ihn
Wenn es ihm gefällt
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09.09.2020
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Meine Abwandlung eines Gedichtes, ursprünglich von Emily Dickinson:
Sie sperrten mich in Alltäglichkeit
Wie - als ein kleines Kind -
Sie mich in die Ecke stellten...
Sie wollten ich sei "still"
Still! Hätten sie hineingespäht
Und mein Gehirn sich drehen sehn
mit unhörbarem Schrei
Als ließen sie einen Vogel
Mitten im Hauptbahnhof frei...
Da half nur selber leuchten
Und losgelöst wie ein Stern
Der Gefangenschaft entweichen
Und blinzeln - wie ich - von fern
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16.09.2020
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Ein reger Geist wär gar verklemmt
Wenn ihn ein Stuhlbein ständig hemmt
Wenn Sesseltiefe ihn verleite
So dass er schliefe. Statt in Breite
(Epischer) uns unerkannt
Zu führ‘n ins Reim-Ikealand
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11.11.2020
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Was du so "mein einfaches Leben" nennst
Das einfache Leben, in dem man Rosenwasser trinkt.
Den Kopf mit philosophischen Gedanken beschäftigt.
Die Finger mit Pastellkreidenstaub vollschmiert.
Falsch zu Beatles Liedern singt, aber mit richtigem Text.
Zu jedem beliebigen Lied am Klavier improvisiert, und aus dem Original eine völlige entstellte Version bastelt, die keiner mehr erkennt, die aber in sich schön ist und hellblau mit türkis klingt.
In dem 4000 Bücher noch gelesen werden wollen. Und jeden Monat noch eines dazu kommt und auch noch gelesen werden will.
In dem Thunfisch mit Pak Choi mit Reis gegessen wird, und trotzdem kein Frisbee durch die Küche fliegt.
Und in dem trotz allem noch Hoffnung besteht, dass unterschiedliche Welten irgendwelche Schnittpunkte haben, die ausreichen.
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24.12.2020
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Frostiges Fest in Coronazeit
Das soll nun also der Weihnachtstag sein,
Von draussen dringt keines Menschen Ruf rein,
Die Strassen sind friedlich und leer,
Man könnte sagen: alles ist mein!
Doch fragt man sich leider, wer dürfe denn, wer
Beanspruchen die Weite von Stadt, Land und Meer,
Von Feldern und Bergen und Gärten,
Denn beschränkt ist man derzeit doch sehr.
Wir entfremden uns Fremden, doch Werten,
Die wir stets gekannt, die uns kaum je scherten,
Nähern wir uns nun wieder: dem engsten Kreis -
So wie Traditionalisten uns lehrten.
Nicht festlich, ich weiss!
Kein weihnachtlicher Fleiss!
Ein traurig hoher Preis
Für den Krisenscheiss!
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05.01.2021
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(Adaptiert anhand eines Gedichtes von M.H. Allafi: Für immer und ewig)
Ich bin nicht naiv
Faul bin ich auch nicht
Unwissend schon gar nicht
Mein Problem war und ist
Sage ich mir
Dass ich so viel denke
Und das auch anders
Als die anderen
Ich denke an die Liebe
An den Sinn des Lebens
An echte Freude
An die Substanz des Menschen
Ich wehe über das Wasser hinweg
Und durch das Licht
Wie eine leichte Brise
Streiche ich über die Gesichter
Der fühlenden Menschen
Weit ab vom Rationalismus
Bleibe ich stehen
Bei der Substanz der menschlichen Vergänglichkeit
Ich glaube nicht an den Kalender
Ich sage mir
Das Leben kann lang sein
Oder ganz kurz
Das hängt allein von dir ab
Und ich weiß plötzlich nicht
Wo der Anfang ist
Und wo das Ende sein sollte
So bleibe ich in der Welt
Die groß und unendlich ist
Auch wenn ich hier eingesperrt bin
In meiner kleinen Welt
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10.01.2021
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Mein treuer Gefährte
Auf meinem Klavier
ist jedes Plink und Plonk
ein halbes Konzert
wunderbar schräg -
wir passen zusammen.
Wir toben, weinen, schreien,
improvisieren, jubilieren,
tanzen Tango,
schmettern Ragtime,
gewinnen Kraft.
Wir werden sanft und plätschern,
Harmonie kehrt ein.
Mit einem fetten Grinsen im Gesicht
lass ich los
nach dem Schlussakkord!
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16.01.2021
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SEHNSUCHTSLIED IM KONJUNKTIV
(inspiriert durch Erich Kästner’s Trostlied im Konjunktiv)
Wär ich geliebt
Ich läge voll Freude in meines Partners umschlingendem Arm
Erhöbe träge die Schulter
Und bettete mütterlich-zärtlich sein Haupt
Weich und warm.
Seufzend höbe und senkte im Takt
Des Atems des Partners
mein Brustkorb sich wiegend
Seine Haut, meine Haut
erfühlten sich liegend.
Wohlig und zärtlich verging manche Stund
Mit Zartheit oder Fieber
Mund auf Mund.
Wär ich geliebt
Ich flöge des Abends
Strahlend zur Tür
Wenn sein Nahen ich vernähme
Leuchtenden Auges und die Hände
Voll Zärtlichkeit.
Niemals mehr schmerzten mich Kleingeist und Häme.
Wär ich geliebt, ich verbrächte den Morgen
Mit Sonne im Blick und
Kräuselnder Lippe,
Ein Lachen im Rachen
Unbändig vor Jubel.
Wär ich geliebt
Und liebt' ich zurück
Ach was wäre ich trunken vor Glück...
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17.01.2021
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Jahresendgedanken
Wenn es das jetzt gewesen wäre
was bliebe denn außer Leere
Ein bisschen Spiel und Erinnerung viel.
Keiner auf Erden der ehrlich mich liebt
Vielleicht sogar einer der mir nie vergibt.
Ein Haufen Bücher und Vorräte und Gewand
Viel Elektronik und sonstiger Tand.
Von allem zuviel
Als Ersatz für was fehlt:
Geliebt sein, geschätzt sein
Was hilft all das Geld?
In meinem riesigen Bett lieg ich alleine
Am Ende der Nacht wartet keiner und keine.
"Der Entwurf entwirft sich selbst".
Doch fehlt‘s ihm am Plan
Wie er aus den Scherben noch was basteln kann
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09.05.2021
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Küchenfreunde
Zu zweit auf Pirsch für die Kombüse:
Exotische Kräuter. Chili noch!
Ein Potpourri saft'ger Gemüse...
Ach, schau her, da ist er doch!
Nun stehn wir traut in enger Küche.
Das Wasser spritzt, das Messer flitzt,
Ergeben teilt sich Feldes Frucht,
Currygerüche - eine Sucht.
Es schmurzelt, zischelt, bitzelt, knackt,
Es brutzelt, schmort jetzt kokosrund.
In Vorfreud wässert schon der Mund:
Dass Duft betört, das ist ein Fakt.
Gelungen ist's! Wir kau'n beseelt.
S'ist scharf und salzig, süß und frisch.
Die Zähne haben was zum Knispern,
Und nichts fehlt. Nicht einmal der Fisch.
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02.08.2021
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Abfahrtsbereit
Jahrzehntelang gewartet auf den Zug im Bahnhof meiner Träume.
Als er endlich ankam, wusste keiner, wie lange er Aufenthalt hat.
Ein paar Mal wurde verkündet, er führe jetzt, und ich habe von dem mir so liebgewordenen Durchreisenden Abschied genommen.
Ein paarmal fuhr der Zug unverhofft ein Stück, und davor hatte ich keine Gelegenheit, gute Reise zu wünschen.
Aber heimlich, in der Stille der Nacht, wurden die Waggons in den Bahnhof zurückgebracht.
Diesmal wirkt alles sehr offiziell, eine Uhrzeit ist angegeben, der Schaffner hat zur Feier des Tages seine Uniform von damals, als er noch gut zu tun hatte, angezogen, die ihm aber nicht mehr richtig passt, denn er ist behäbig geworden.
Er hat ein paar Probetriller auf seiner Pfeife erschallen lassen, damit sie dann auch richtig durchzieht.
Seine vom langen Liegen angeschmuddelte Kelle hat er mit einem Tuch auf Hochglanz poliert.
Alles ist bereit.
Der Fahrgast, um den es mir geht, sitzt bereits im Waggon mit dem Gesicht in Fahrtrichtung, sein kleines Gepäck im Netz verstaut.
Abschiedsworte wollte er nicht hören.
Alles ist bereit außer mir.
Ich werde hier bleiben und finde mein großes Taschentuch nicht.
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12.08.2021
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Die Sternschnuppennacht
Unter dem dunklen Himmel im Freien
Die Perseiden verheißen
Heut Nacht Sternenschauer
Sogar jede dritte Minute könnt man
Die Wünsche ans Universum
Direkt in den Himmel hauchen
Mein Wunsch steht längst fest
Geliebt will ich sein und wieder lieben
So richtig
So schön, dass es weh tut vor Glück
Schwebend in meiner Schaukelliege röntg ich den Himmel
Mit meinem Blick
Lass mich den Wunsch aussprechen
Bitte
Schick eine Schnuppe zu mir
Die will ich fangen
Ich warte
Und warte
Und warte
Und warte
Dann geh ich ins Haus
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11.09.2021
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Die Aufmerksamkeit der sanften Brise
Ein Windhauch streicht weich über deine Haut
Leckt am Salz deines letzten Strandbesuchs
Streift dein Auge mit deiner eigenen Locke
Und für diesen Moment siehst du so verschwommen
Weil du zwinkern musst
Aber danach ist gleich alles wieder gestochen scharf
Weißt du noch, wie dein Herz kurz vergessen hat
Wie es schlagen sollte
Labdab labdab labdab
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12.09.2021
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Mein alter Freund, der Wind...
Da ist er wieder und krault mich im Genick,
am Haaransatz und treibt
die feinen Härchen himmelwärts...
Küsst meine Haut und leckt
am Salz der Meeresgischt auf meinem Nacken
Ja, gestern war er rabiat
Hat mich am Hals gepackt und hin und her geschüttelt,
ganz wild und ungezähmt.
Hassliebe dürft‘ es heissen..
Er kommt und quält mich, doch dann fehlt
er mir in Mittagsglut,
Er lässt mich warten und verzweifeln.
Wo ist er denn,
mein alter Freund der Wind,
mit seinem sanften Lied,
gekrönt durch zwei drei freche Sticheleien?
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06.11.2021
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Tagesgeschehen
Der Tag kam spät in die Gänge
Gen Mittag erst ab in den Pool
Jedoch war er unwirsch und eisig
Und neblig der laubgelbe Pfuhl
Auftauen tat mich ein Lächeln
Kurz währte nur dieser Besuch
Ein Ei verlor sich am Boden
Mir Tolpatsch, es schien fast ein Fluch
Am Abend beisammen,
die Gesichter in Flammen
fünf Freunde
bei Spiel, Wein, Diner
und herrlichem Griechensoufflé
Jetzt hatte ich nicht nur full house,
auch das Spielglück blieb heut nicht aus.
Wie schön die Umarmung so selig
Ganz fest drückt Herz sich an Herz
und wünscht, es mög‘ dauern noch ewig
voll Freude und Lachen, kein Schmerz.
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10.11.2021
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Im Ungewissen treibe ich
Brackwasser des Schicksals
Sonne komm raus
Lass die kleinen Flöckchen im Wasser
lichtgesäumt
aufschimmern
Goldwasser
Ich bin noch wendig
Es könnte schlimmer sein
Das Wasser jedoch ist kalt
In unserem Herbst
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15.02.2022
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Ode an die Quitte
Dein pfeffriger Duft, dein zarter Flaum
Betören meine Nase und Hände
Ich möchte dich besitzen
Mich in dich versenken
Dich mit allen Sinnen genießen
Doch du wehrst dich
Du bist so hart
An dir beißt man sich die Zähne aus
Und trotzdem bleibt man kleben
Ach, wie liebe ich das strahlende Gelb deiner Seele
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15.02.2022
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Horizontal
In Bewegung bleiben ist der Schlüssel
Manchmal hat er auch solch einen Bart
Wenn alles auch heute wieder weh tut
Und jeder Knochen so knarrt
Trotzdem begebe ich mich auch auf die Reise
In Gedanken allerdings nur
Und ich fädele schöne Eindrücke leise
Wie Perlen nebeneinander auf eine Schnur
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31.12.2022
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Alberner Silvestergruß
Bevor sich Bauch und Balken biegen
Raketen durch den Himmel fliegen
Es grün und rot von oben rieselt
Der Hund vor Angst ins Zimmer bieselt
Bevor das Jahr beendet war
Wünsch ich ein gutes Neues Jahr
Soll voller Freud und Leben sein
Voll Witz, Gesundheit, Glück und Wein
Und frei von Sorgen und vonTränen
An deren Stelle lieber Schwänen
Die bieseln höchstens in den See
Das tut dem Teppich nicht so weh. 😅
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13.01.2023
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Aufgewacht aus tiefem Schlaf mit diesem Gedicht im Kopf. Leider sind beim Aufschreiben Teile davon verweht.
Schöpferin
Ich schöpfe Träume in kahle Räume
Lass Zwischenräume, umarme Bäume
In großen Teilen zwischen den Zeilen
Lässt sich noch feilen, Späne verteilen.
Ich filtere Unsinn und fülle mit Sinn
Schau genau hin, ob ich es denn bin
Würdest du wagen, es mir zu sagen?
Könnt ich ertragen, nicht nachzufragen?
Steh mir im Weg und schiebe mich weg
Bleib manchesmal reglos am selben Fleck
Flieg durch die Weite an deiner Seite
Frag mich, ob ich dir Freude bereite
Doch wenn ich wüsste, dass ich das müsste
Siehste! Da schlöss' sich die Kiste...
So prüfen wir beide Feld, Wälder und Heide
In epischer Breite, wenn ich dich begleite
Bereden und lachen,
Machen kindische Sachen,
Kippeln im Nachen,
Steigen höher als Drachen
Vertreiben unser Leid durch Farbheiterkeit
Noch ist es weit zum Ende der Zeit.
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20.01.2023
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Die beiden Federn
Wie war das mit den Federn,
die miteinander schweben?
Lass uns aufeinander liegen und
Rundung auf Rund
hinunterstieben,
durch den Himmel fliegen,
uns senken und steigen
im innigen Reigen.
Keiner ist mehr schwarz,
und keiner ist grün,
wenn wir zusammen weiterziehn.
Eine neue Version, ein besseres Ich
sind wir nun beide
unterm Strich.
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04.02.2023
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Aufwallung
Ich hab dich im Schlaf berührt
Du hast mich im Traum verführt
Schwarz wird grau und blau
Wie Tau
Deine Hände sind so warm
Streichel mich nicht bloss am Arm
Folge meinen Körperformen
Schaffe neue Freudennormen
In der Tiefe ruht ein Neer
Wirbel ihn sanft hin und her
Strudel ihn, ich will noch mehr
Lila wogt das kleine Meer
Bleib bei mir
Ich zeige dir
Mensch entwickelt sich zum Tier
Zieh Wege mit der schlauen Hand
Fühlig, kundig und gewandt
Folg der Kurve, leg dich rein
Drück mich fester, sei gemein
Rot und gold und purpur wird
Meine Seele, ja sie flirrt
Fühl es doch, ich will zu dir
Diese Lücke schliessen wir
Brenn deine Augen in mein Gesicht
Sei doch wild und lächle nicht
Gelbe Blitze, schwarzgezackt
Deine Augen sind ganz nackt
Es ist ernst jetzt, lass mich hören
Deinen Atem sich empören
Violett mit grünen Stellen
Wallen wir über, schlagen Wellen
Bleib bei mir
Ich zeige dir
Es entwickelt sich der Mensch vom Tier
Ruhig dunkelgrün-petrol
Räkle ich mich, ich fühl mich wohl
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28.03.2023
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Der Waldmaler
Ich stell mir jetzt gerade vor,
wie du mit fliegenden Händen
beidhändig
mit kratzenden Pinseln
auf der Leinwand tobst,
lange schnarrende Baumstämme
hinschabst
und im Stakkato Blätter tupfst,
in schwärmerischen Kreisen
Wolken kringelst,
sie wohlig knurrend rundest,
mit Daumen und Handballen
die Farben einer Lichtung aufklatschst
und auseinander glitschend
verreibst...
Ein Konzert in As-Dur
bei vollem Körpereinsatz.
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10.06.2023
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Drachenträger
Ich bin der Drachen,
und du die Hand,
die mir Schnur gibt,
aber mich hält
So kann ich mit der Luft brausen
und Pirouetten drehen,
die Wolken erkunden
und die Welt von oben sehen
Und du kannst dich
an meiner Lebendigkeit,
meinem Schwung
und meinen Farben erfreuen
Du spürst die Energie und
mein Vibrieren in der Hand
Du freust dich
am gemeinsamen Treiben
Alleine auf der Wiese hin und her
ohne Drachen?
So fehl am Platze fühltest du dich
Wandertest gesittet vor dich hin;
Hand in der Tasche
und Blick gesenkt.
Und ohne dich läge ich
vor mich hin staubend
Trübsal in jeder Quaste
im moderigen Keller
Ich fühlte nie den frischen Wind
noch die Begeisterung
jäher Höhenflüge und Richtungswechsel
Nie würde ich vor Jubel trillern
oder im plötzlichen Sinkflug
aus tiefster Seele aufschreien!
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13.07.2023
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Mein jetziges Ich
In bunten Flatterstoffen,
asymmetrisch und nicht ganz normal
Mit fransigen Haaren,
einer halben Frisur,
voller Vogelnester für meine Meisen
Mit blitzenden Augen,
hellwach bei Nacht
und voller Energie
Mit einem Kopf voller Flausen
und Sumpfgebiete
irrwitziger Texte
und alberner Musik
trivialer Sentenzen
und blitzartiger Erkenntnisse
zum Sinn und Unsinn des Lebens
Im Herzen barfuß und flink
In Gedanken ständig in Bewegung
Nur das Rückgrat spielt nicht mit.
Na und?
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02.11.2023
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Seelenschreiben
(Einfach aufgeschrieben, was in mir stand, ohne zu überlegen)
Wein rankt prachtvoll über die Hänge,
und in die grünen Gänge
tritt mit entschlossenem Schritt
der Winzer, um zu verwahren,
was seine Hände gebaren.
Die Weisheit ins Fass gebannt -
Schöpfungskraft von Menschenhand.
Reinheit und Lust, rote Freude kreiert,
zum festlichen Anlass nobel serviert.
Am Rande des Weinbergs stehest du,
das Treiben betrachtend
in Seelenruh.
Nebenan streichelt Wind die Alleen in Böen,
flackert dir Glanz ins Herz. Wie ist das schön!
Was, sag mir, mein Lieber, würd‘st du lieber sein:
Licht-und-Schatten-Allee oder Dunkelfunkenglas Wein?
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09.04.2024
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Danke Dir!
In die Gänge gekommen nach all den Jahren,
weder zu früh, noch zu spät,
haben wir uns getroffen auf den Gleisen des Leben,
deren Weichen ein pflichtbewusster Gehilfe des Universums
für uns so gestellt hat,
dass wir mit niedriger Geschwindigkeit aufeinandertrafen.
Und nun fahren wir gemeinsam.
Möge unsere wunderbare Reise nie enden!
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24.08.2019 |
Fernbeziehung (du)
Was für ein Tag mal wieder
Stress, Ärger, meine Füsse tun weh
Ob ich noch lebe?
Siehst doch, ich war online
Seitenlanger Sermon
Schau ich mal später an
Oder so
Erst mal erholen
Unter der Bettdecke
Noch bisschen lesen, bis mir die Augen zufallen
Du bist mein lustiges Taschenbuch
2 Seiten bunt, 2 schwarzweiss
Manche Sprüche sind abgeschmackt
Bei anderen lache ich auch mal schallend
Du bist mein Küchenradio
Zu manchen Uhrzeiten wird da so viel geredet
Zwischen der Musik
Sitze im Sessel im anderen Zimmer
Paar Fetzen versteh ich von da drüben
Vieles nicht
Egal
Zu faul aufzustehen
Irgendwann kommt wieder Musik
Oder ich döse einfach wieder in meinem Sessel
Ne Decke wäre jetzt ganz nett
Fernbeziehung (ich)
Der Tag ist so lang
Aber Du bist immer bei mir
In meinen Gedanken
Wenn ich etwas finde, das mir das Herz hüpfen lässt
Schneide ich es aus und schicke es Dir
Meine Sorgen und Eingebungen
Teile ich mit Dir in Echtzeit
Auch was mich zum Lachen bringt
Oft zensiere ich mich selbst
Kann Dir manches nicht zumuten
An bestimmten Texten feile ich
Arbeite an Stil und Pointe
Übertreffe mich selbst
Gebe mein Bestes für meinen Besten
Ich warte minütlich auf Deine Reaktion
Manchmal kommt ja auch eine
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09.08.2019 |
Inspiriert durch ein Gedicht von Elisabeth:
DIE BEGRÜSSUNG DURCH DEN NEUEN TAG
Das Brummen und Klappern am Morgen
Inmitten der Straße vorm Haus
Verdeckt vom tragödienschwangeren Vorhang
Das eingespielte Hand-in-Hand der Arbeiter
Stumm, klaglos, kraftstrotzend und laut
Sienafarbener Lichtschein ums Bett
Herinnen das Dämmern des Leibs
Die Geduld des matten Deckenballons
Braver Erheller der Nacht
Das dumpf anschwellende Bewusstsein des linken Beins
Folterknecht des helllichten Tags
Die stille Wachsamkeit des Rauchmelders
Die Kissenvielfalt an meiner Seite
In Seide, in Samt, in Satin
Noch rollen donnernd die Tonnen
Auf Asphalt und Kopfstein, es hallt
Von innen warnend sich meldend
Druck hinter Kiefer, Auge und Ohr
Ein Lichtschein aus dem Wohnbereich, angrenzend
Noch milchig, trüb, stimmenleer
Das überquellende Regal Leseschätze
Wartend, still hoffend, auf mich
Die Bilder nichtsahnender Ahnen
Noch strahlend und jung, voller Glück
Das Weh zündelt langsam und stet
Am Plafond glüht es rötlich wie ich
Die Spiegelung von Lampe und Büchern
Vervielfältigt durch Falttürgewinkel
Dazu meine nackten Füße
Seitenverkehrt das Original
Frei, schwerelos, folgsam, doch schwach
Das Telefon, dienstbeflissen, diskret
In Erwartung anstehender Aufgaben
Jetzt Ruhe da drausst, sie fuhrn weiter
Leis hör ich den Sang meines Atems
Es lebt im Innern des Schneckenhauses
Es wartet auf Anlass zur Tat.
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23.02.2020 |
Liebe ist…
… ein unendliches Reservoir,
aus dem wir Kraft schöpfen können.
Sie beflügelt,
lässt uns schlafwandlerisch sicher sein,
lässt Körper und Gesicht strahlen,
verleiht Charisma
und gibt das Gefühl,
wir könnten die ganze Welt heilen.
Was die Liebe tötet
ist Sprachlosigkeit,
wiederholte Enttäuschung von Erwartungen,
Achtlosigkeit,
Respektlosigkeit,
Egoismus,
einseitiger Rückzug statt sich Mitteilen,
nicht Aufklären von unguten Entwicklungen,
Plötzlich ist da viel Raum für Interpretation.
Herein schlüpft leise das Seelenleid.
Über kurz oder lang
hat es sogar unseren Körper am Wickel.
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